Identitätsbasierte Markenführung: Dienstleistungsmarken im B2B
Im wirtschaftlichen Leben erzeugen wir alle Waren oder Dienstleistungen. Auf abstrakter Ebene sind damit bereits alle Möglichkeiten der Leistungserbringung erfasst. Aber welche unterschiedlichen Erfordernisse ergeben sich im Bereich der Dienstleitungen für die Kommunikation? Worin unterscheiden sich die Anforderungen und welche Herausforderungen ergeben sich daraus für dein Management?
Der zentrale Wert, um den herum eine Dienstleistungsmarke im B2B Bereich aufgebaut werden sollte, ist „Vertrauen“. Der Grund dafür ist einleuchtend: Die Leistung des Anbieters kann vor der Ausführung der Dienstleistung nicht überprüft werden und somit musst du als Abnehmer ein gewisses Vertrauen in den Anbieter haben, um die Dienstleistung nachzufragen.
Wie immer im Marketing ist auch der Aufbau einer Dienstleistungsmarke nicht als isoliertes Kommunikationsproblem zu sehen. Um langfristig und authentisch Vertrauen aufbauen zu können, müssen alle Bereiche deines Unternehmens auf genau diesen zentralen Wert hin ausgerichtet werden. Dies bedeutet im Falle einer Dienstleistung, dass gerade und vor allem die Mitarbeiter mit Kundenkontakt ein einheitliches und in allen Details abgestimmtes Verhalten dem Kunden gegenüber an den Tag legen müssen. Im Gegensatz zu einer produktorientierten Markenführung muss also das Management einer Dienstleistungsmarke insbesondere um eine nach innen gerichtete Dimension erweitert werden, die alle relevanten Bereiche authentisch auf die Wahrnehmungsziele hin ausrichtet.
Nach innen gerichtete Markenführung
Aus unserer Sicht ist der vielversprechendste Ansatz zur Markenführung in diesem Bereich die „Identitätsbasierte Markenführung“, da diese insbesondere auf die menschliche Interaktion abzielt.
Wie wird Vertrauen erzeugt?
Hier ist vor allem Konsistenz der Schlüssel zum Erfolg. Konsistenz wird besonders auf das Verhalten bezogen und beschreibt das Maß, in dem das Verhalten des Dienstleisters als zuverlässig und vorhersehbar angesehen werden kann. Für eine praktische Operationalisierung bedeutet dies also für Unternehmen klare Verhaltensregeln für die Mitarbeiter zu schaffen und im Sinne einer Corporate Behaviour aufzutreten. Ebenso kann im Einzelfall darüber entschieden werden, ob die Mitarbeiter eine Markierung erhalten oder zumindest einen einheitlichen Kleidungsstil tragen.
Die drei wichtigsten Eigenschaften, welche die Mitarbeiter also auf sich vereinen sollten, sind: ein stimmiges Erscheinungsbild, eine hohe Kompetenz und ein hoher Grad an Professionalität.
Eine zentrale Anforderung an die Markenführung besteht darin, dass unternehmensintern ein konsistentes Markenselbstbild unter allen Beteiligten geschaffen werden muss, das als Identität eine steuernde Funktion einnehmen kann. Dieses Selbstverständnis muss eine hohe Passung zu dem nach außen kommunizierten Markenimage aufweisen, um die Forderung nach Konsistenz zu erfüllen.
Zur weiteren Operationalisierung kann die Markenidentität in fünf Unterbestandteile aufgegliedert werden, die vom Markenmanagement entsprechend bearbeitet und gestaltet werden müssen.
Die Bestandteile der Markenidentität
1. Markenherkunft
Einzelne wichtige Ereignisse werden als Teil der Markenidentität immer wieder in der Kommunikation aufgegriffen
2. Markenwerte
Es werden Werte festgelegt, die (emotionale) Orientierung schaffen und von allen gelebt werden müssen. Nur so entsteht Authentizität.
3. Markenpersönlichkeit
Die Markenpersönlichkeit zielt auf die Emotion der Kunden. Es sollten also Zielemotionen gewählt werden, die für die Kunden eine hohe Relevanz aufweisen oder dem eigenen idealen Selbstbild sehr nahe stehen. Im B2B Bereich müssen die Emotionen in Buying-Centern berücksichtigt werden und die Bedürfnisse, die sich für die einzelnen Mitarbeiterrollen auf Kundenseite ergeben. Die Faktoren Sicherheit und Vertrauen können jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit adressiert werden, da sie im B2B Bereich sehr oft eine hohe Wichtigkeit aufweisen.
4. Markenvision
Die angestrebte ideale Markenidentität, die als Ziel dient und Orientierung bei allen Entscheidungen geben kann. Die Markenvision muss unternehmensintern immer wieder sehr deutlich kommuniziert und vorgelebt werden.
5. Markenleistungen
Die Markenleistung muss eine hohe Konsistenz zur Markenpersönlichkeit aufweisen,
um kognitive Dissonanzen zu vermeiden.
Überblick über die Ziele des nach innen gerichteten Markenmanagements
- Positive Einstellung der Mitarbeiter gegenüber ihrer Marke erzeugen
- Markendienliches Verhalten der Mitarbeiter erzielen
Operationalisierung
- Markenorientiertes Personalmanagement
- Nach innen gerichtete Markenkommunikation
- Leitbilder
- Markenhandbücher
- Visuelle Vermittlung der Markenidentität
- Organisationales Storytelling
- Mitarbeiter in der Werbung portraitieren und wichtige Zielemotionen und Werte transportieren
Markenorientierte Führung
- Unternehmenskultur
- Commitment des Top-Managements
- Anreizsysteme in der Organisation, die richtiges Verhalten belohnen
Nach außen gerichtete Markenführung
In der nach außen gerichteten Kommunikation ergeben sich bei B2B Dienstleistungsmarken prinzipiell die gleichen Möglichkeiten wie bei anderen B2B Marken. Sollen Zielemotionen wie Vertrauen kommuniziert werden, so empfiehlt sich auch hier der Einsatz geeigneter Instrumente wie Storytelling (Text) oder Visual Storytelling (Bild). Auch hier könnte die Anwendung Emotionaler Differenzierung und insbesondere archetypischer Markenkommunikation sowie die Auswahl eines geeigneten Archetypen für die Markenpersönlichkeit sinnvoll sein, da hierdurch eine klare Orientierung geschaffen wird, die schließlich bei der Auswahl geeigneter Geschichten behilflich sein kann.
Fazit
Zusammenfassend muss angemerkt werden, dass die Entwicklung einer Markenpersönlichkeit im Falle einer Dienstleistungsmarke zentral ist und niemals ausschließlich von einer Werbeagentur betrieben werden sollte. Vielmehr ist die Führung einer solchen Marke eine wesentliche Aufgabe der Unternehmensführung und muss somit beim Management des Unternehmens liegen. Agenturen können für die nach innen gerichteten Prozesse also nur unterstützend beraten. Für den nach außen gerichteten Imageaufbau erscheint die Zusammenarbeit mit einer Kommunikationsagentur jedoch immer dann zielführend, wenn genügend Know-how zum Thema Dienstleistungsmarken vorhanden ist, sodass die inhaltliche Ausgestaltung der Kommunikationsmittel immer auch von dieser Instanz kritisch im Sinne der Marke hinterfragt wird.
Unser Vorschlag zum Vorgehen bei der Etablierung einer Dienstleistungsmarke
- Analyse der Kontaktpunkte an denen Kunden in irgendeiner Weise mit der Marke in Kontakt kommen (Touch Points)
- Befragung von Mitarbeitern und Kunden zur Eruierung des Ist-Zustandes und fachkundige Ableitung der Soll-Ziele (Nach innen gerichtete Kommunikations- und Führungsziele sowie nach außen gerichtete Kommunikationsziele)
- Durchführung der Umsetzung unter Zuhilfenahme aller genannten und als zielführend eingestuften Instrumente. Spiegelung der Markenidentität an allen Markenkontaktpunkten.
- Messung
- Fortlaufende Verbesserung
Quelle:
http://www.markenlexikon.com/texte/transfer_schmidt_fuehrung-von-dienstleistungsmarken_1_2013.pdf